Donnerstag, 20. Januar 2022

Landeshauptstadt plant Errichtung eines Mahnmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma

Auf Vorschlag des Landesverbands Deutscher Sinti und Roma Saarland plant die Landeshauptstadt, ein Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma an der Pfarrkirche St. Michael in St. Johann zu errichten.

Oberbürgermeister Uwe Conradt - LHS

Oberbürgermeister Uwe Conradt - LHS

Oberbürgermeister Uwe Conradt - LHS

Der aktuelle Stand der Planung wird am Donnerstag, 20. Januar, im Kulturausschuss und in der Sitzung des Bezirksrats Mitte vorgestellt. Über die Umsetzung wird abschließend der Stadtrat in seiner Sitzung am 8. Februar entscheiden.

„Saarbrücken ist eine weltoffene Stadt, in der Menschen aller Bevölkerungsgruppen gemeinsam leben können.“ Oberbürgermeister Uwe Conradt

Oberbürgermeister Uwe Conradt: „Die Verfolgung der Sinti und Roma stellt einen dunklen Teil auch unserer saarländischen Geschichte dar, der noch nicht umfassend wissenschaftlich untersucht wurde. Durch das Mahnmal wollen wir zur öffentlichen Aufarbeitung dieser Geschichte beitragen. Wir möchten einen Gedenkort schaffen, der die Erinnerung an die Sinti und Roma, die dem NS-Terror zum Opfer gefallen sind, wachhält. Gleichzeitig soll das Denkmal ein weiteres erkennbares Zeichen in unserem Stadtbild sein für die drastischen Folgen, die aus Hass resultieren können. Saarbrücken ist eine weltoffene Stadt, in der Menschen aller Bevölkerungsgruppen gemeinsam leben können. Das Mahnmal soll uns allen einmal mehr vor Augen führen, dass wir uns zusammen gegen Intoleranz in unserer Gesellschaft und unserer Stadt einsetzen müssen.“

„Umso wichtiger ist es, dass wir mit dem geplanten Mahnmal unsere Erinnerungsarbeit weiter fortsetzen.“ Diana Bastian, Vorsitzende des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Saarland

Diana Bastian, Vorsitzende des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Saarland: „Die Verfolgung der Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus ist dokumentiert. Das zeigt der Aktenbestand des Landesentschädigungsamtes im Landesarchiv, auch wenn noch keine Namen systematisch erfasst wurden. Umso wichtiger ist es, dass wir mit dem geplanten Mahnmal unsere Erinnerungsarbeit weiter fortsetzen. Ich freue mich, dass es gelungen ist, in Abstimmung mit der Landeshauptstadt und der katholischen Gemeinde St. Johann Saarbrücken einen passenden Gedenkort zu finden. Er soll insbesondere auch Schülerinnen und Schülern zugänglich gemacht werden, um die nachwachsenden Generationen für dieses Thema zu sensibilisieren.“

Obelisk als Gedenk- und Informationsort

Ein Entwurf des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma sieht als Mahnmal einen Obelisken auf einem Sockel aus Naturstein mit einer Höhe von insgesamt etwa 2,25 Metern vor. Für die Hauptseite ist ein Ornament angedacht, das gesichtslose gefangene Menschen zeigt. Drei Seiten sollen eingravierte Beschriftungen erhalten, die der Kirche zugewandte Seite soll frei bleiben.

Denkbar ist zudem ein QR-Code im Bereich des Mahnmals, der beim Scannen zu Informationstexten weiterleiten würde. An jährlich wiederkehrenden Gedenktagen, die an das Schicksal der Sinti und Roma im Nationalsozialismus erinnern, könnten Gedenkveranstaltungen an dem neuen Erinnerungsort durchgeführt werden. Auch gemeinsame Besuche des Mahnmals durch den Landesverband Deutscher Sinti und Roma mit Schulklassen wären möglich.

Hintergrund: Standort mit historischem Bezug

Der Bereich der katholischen Pfarrkirche St. Michael am Echelmeyerpark eignet sich als Standort, da in der Kirche zwischen 1927 und 1933 Pfarrer Arnold Fortuin als Kaplan tätig war. Dieser erreichte bundesweite Bekanntheit als Seelsorger der Sinti und Roma. Durch seine Seelsorgedienste kam er mit Saarbrücker Familien der Sinti und Roma in Kontakt, richtete im Pfarrheim der Kirche eine Schule für sie ein und entwickelte eine enge Verbundenheit zu ihnen.

Durch die entstandenen Kontakte wandten sich auch während der Zeit des Nationalsozialismus viele der von Verfolgung und Ermordung bedrohten Sinti und Roma an ihn, um Hilfe bei der Flucht ins Ausland zu erhalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg unterstützte Arnold Fortuin die Entschädigung der Sinti und Roma. Im Jahr 1965 wurde er zum ersten Beauftragten der Deutschen Bischofskonferenz für die „Zigeunerseelsorge“ in Deutschland.

Die Errichtung des Mahnmals wird nach derzeitiger Planung rund 40.000 Euro kosten.