Wie hat sich Saarbrücken flächenmäßig bis in 18. Jahrhundert entwickelt?

Kern der Stadtentwicklung war die Burg. Graf Johann II. leitete den Verkehr  von der alten Königsstraße, die an der Stadt vorbeiführte um, indem er ihn durch die Stadt führte und zugleich nach Norden und Westen ausweitete. Damit förderte er Handel und Gewerbe in Saarbrücken.

Das westliche Tor wurde im Lauf der Jahre weiter nach Westen verlagert und dieser Bereich zum Marktplatz ausgebaut. Vom Marktplatz bis zur Fähre im Bereich der späteren Alten Brücke verlief unter der ältesten Stadtmauer ein Fahrweg. Dort wurden Häuser gebaut, ein neuer Straßenzug entstand, die heutige Altneugasse. Diese Erweiterung erhielt eine Stadtmauer mit dem Saartor zum Fluss und dem Rauschentor zur Talstraße  sowie der Eisernen Pforte, ein paar Meter westlich der Saarpforte gelegen. 

Wohl bis 1470 wuchs die Stadt um zwei Drittel wie ein Häuserverzeichnis  aus diesem Jahr nahelegt. Der Dreißigjährige Krieg und der Reunionskrieg zerstören die Stadt, ebenso der Stadtbrand 1677.

Mit Wilhelm-Heinrich folgte der grundlegende Um- und Neubau zu einer barocken Residenz. Zwischen Saar und Schlossberg wurde der Felsen abgebrochen und eine neue Straße angelegt, die heutige Franz Josef Röder Straße, und hier das Oberamtshaus errichtet.

Ferner erfolgte der Neubau des Schlosses mit einer Gartenanlage nach Versailler Vorbild Richtung Osten, der Bau des neuen Rathauses (heute Altes Rathaus), der Abbruch des Rauschentors und die Anlage der Talstraße mit Häusern, wie dem herrschaftlichen Brauhaus und einer Reitbahn bzw. einem Heumagazin. Im Zuge der Erweiterung nach Westen und Nordwesten entstand die Friedenskirche, die Anlage der Neugasse, die heutige Wilhelm-Heinrich-Straße, die Auffüllung der Gräben und die Anpassung der Stadtmauer sowie die Errichtung weiterer Häuser.

Den vorläufigen Abschluss bildete der Bau der Ludwigskirche und die Gestaltung des Ludwigsplatzes mit den umliegenden Palais sowie dem Armen-, Zucht- und Waisenhaus als westlichem Riegel der Stadt.

Wie hat sich St. Johann bis ins 18. Jahrhundert flächenmäßig entwickelt?

Im Jahr 1267 wird St. Johann erstmals urkundlich erwähnt. Ein Ritter Folmar hatte hier einen Hof als Lehen erhalten. Dazu bestand wohl schon zuvor eine vom Stift St. Arnual gegründete Kapelle. Hof und Kapelle bildeten die Wurzel für die Entwicklung St. Johanns. Wie um die Burg in Saarbrücken siedelten sich hier um die Johanniskapelle Bauern und Gewerbetreibende an.

Bis 1322 verfügte St. Johann noch über keine Stadtmauer, diese wurde 1442 erstmals erwähnt. Sie reichte von der Türkenstraße bis zur heutigen Katholisch-Kirch-Straße. Hier in diesem Bereich befand sich zunächst der Markt. Es gab zwei Stadttore, eines neben der Kirche nach Norden und ein weiteres am Ende der Türkenstraße Richtung Saarfähre und Saarbrücken. 

Kurze Zeit nach der Ausstellung des Freiheitsbriefs 1322 begann die Entwicklung einer Art Vorstadt außerhalb der St. Johanner Stadtmauer im Bereich der Fröschengasse, Faßstraße, Kappengasse, Kaltenbachstraße und Herbergsgasse. Spätestens ab 1457/1458 ist hier von einer weiteren Mauer auszugehen, in die nach Westen hin das Untertor eingelassen wurde.

Mit der Trockenlegung der Stadtgräben 1769 entstand die untere Vorstadt, die um 1800 bis zum Bereich der heutigen Dudweilerstraße reichte. Bereits 1684 war das Obertor in die Obertorstraße verlagert worden, ab 1792 wurden Häuser vor dem Obertor errichtet und die Obere Vorstadt entstand.

Wie entwickelte sich die Doppelstadt wirtschaftlich bis zum 17. Jahrhundert?

Saarbrücken war Umschlagplatz im Kontext des Transithandels der sich kreuzenden Handelsstraßen vom Pariser Becken zum Oberrhein und vom Elsass zu den Niederlanden. Die Saar als Wasserstraße ergänzte diese Verbindung. Saarbrücken war zudem Umschlagplatz für Waren, die dann auf dem Landweg weiter transportiert wurden. Für 1352 ist ein örtliches Schiffergewerbe belegt, für 1468 Saarbrücker Fuhrleute, die Waren nach Straßburg, Genf und Mechelen transportierten.

Saarbrücken war im 13. und 14. Jahrhundert Durchgangsstation für Kaufleute, die die Messen in der Champagne besuchten. Als deren Bedeutung nachließ, wurde es Station für Kaufleute aus Lothringen und Frankreich auf dem Weg zur Frankfurter Messe. Nach der besseren Begehbarkeit des St. Gotthardpasses seit 1234 lief ein Teil des Warentransportes zwischen Oberitalien und den Niederlanden durch das Saartal von Straßburg über Rimlingen und Saargemünd, weiter von Saarbrücken über Wallerfangen, Remich nach Luxemburg über die Ardennen nach den Niederlanden.

Es wurden Zölle und Geleitgelder erhoben, die gänzlich dem Landesherren zustanden. Sie wurden im 14. Jahrhundert zentral in Saarbrücken erhoben, später an den Grenzen der Grafschaft. Im frühen 17. Jahrhundert ist von 1.700  Gespannen pro Jahr auszugehen, die aus oder von Brügge, Brüssel, Löwen, Mechelen oder St. Truiden in Saarbrücken Station machten. Der Kohletransport saarabwärts wurde dagegen im 16. und 17. Jahrhundert von Schiffen aus Moselorten wie Trier oder Koblenz übernommen.

Wirtschaftlich sind für das 14. und 15. Jahrhundert Gerber, Weber und Bauhandwerker nachweisbar. Es bestand ein lokaler Handel mit Brot, Fleisch, Fisch, Wachs, Wolle, Salz und Eisenwaren. Laut Freiheitsbrief von 1322 durfte ein Jahrmarkt abgehalten werden, ab 1462 sind vier Jahrmärkte bezeugt. Es bestand kein Kaufmannsstand, der Waren beim Erzeuger an- und dann weiterverkaufte. Krämer betrieben diesen Lokalhandel. Der älteste erhaltene Zunftbrief der Krämer datiert auf 1609. Eine Fischerzunft ist erstmals 1435 nachweisbar. Für die 1320er Jahre ist von Tuchherstellung und deren Absatz im Nahbereich auszugehen, eine Bruderschaft von Schneidern und Kürschnern ist für 1413 belegt.

Ein Goldschmied in der Grafschaft Nassau-Saarbrücken wird 1467/68  für Saarbrücken erstmals erwähnt. Saarbrücken darf wohl für das 15. Jahrhundert als ein kleines  Zentrum des Schmucksteingewerbes  angesehen werden. Ebenso gab es Metallverarbeitung, Kannengießer sind erstmals 1401 erwähnt. Der Salzverkauf spielte spätestens ab 1589 eine Rolle. Ein kaufmännischer Holzhandel ist überliefert, Flößer und Schiffbauleute gingen ihrem Gewerbe nach. 

Mitte des 15. Jahrhunderts gab es einen vor der Marktpforte abgehaltenen Holzmarkt, 1408 ist hier urkundlich eine Holzgasse erwähnt.  In St. Johann florierte ein Fuhr- und Speditionsgewerbe, am „Kohlrecht“ im Bereich der heutigen Faktoreistraße befand sich der Umschlagplatz  für Massengut zur Saar, hier wurden Steinkohlen des Sulzbachtals umgeschlagen. Der Bau einer Steinbrücke, der heutigen Alten Brücke,  zwischen Saarbrücken und St. Johann (1546-1548) stärkte die wirtschaftliche Entwicklung der Doppelstadt.

Gräfliche Beamte und Bürger besuchten Messen in Hagenau, Zabern, Metz, Frankfurt/Main und Antwerpen. Exportiert wurde von Saarbrücken aus Holz (Dauben, Fässer), fertige Schiffsmühlen und Roßhaarsiebe. Wohl zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert entwickelte sich ein grafisches Gewerbe (Buchdruckerfamilie für Mai 1516 belegt), im Vergleich zu Zweibrücken war es jedoch recht unbedeutend.

Bis zur Fertigstellung der Alten Brücke 1548 waren Saarbrücken und St. Johann nur durch Fähren über den Fluss miteinander verbunden. 1267 wurde die Fähre in Höhe der Furt an der Alten Brücke erstmals erwähnt, sie bestand aber wohl schon früher.

Wie entwickelte sich die Doppelstadt wirtschaftlich im 18. Jahrhundert?

Im 18. Jahrhundert begann im Fürstentum Nassau-Saarbrücken eine Blütezeit für den Handel mit Eisen, Eisenwaren und chemischen Produkten wie Harz, Alaun und Farben. Hiervon profierten vor allem die beiden Saarstädte Saarbrücken und St. Johann. Mit der Verstaatlichung der Gruben traf Wilhelm Heinrich eine bedeutende wirtschaftspolitische Entscheidung, die die Geschichte unserer Stadt und unseres Landes bis ins 20. Jahrhundert nachhaltig beeinflussen sollte.

In den 1750er Jahren wurden von dem Niederländer Moritz und dem Straßburger Ruffié Handelsniederlassungen gegründet. Textilwaren aus Straßburg wurden in Saarbrücken verkauft und Holz in die Niederlande geliefert, im Gegenzug Kolonialwaren von den Niederlanden nach Saarbrücken zum Verkauf gebracht.

Die Waren kamen über die Saar, wurden in Saarbrücken auf Karren umgeladen und auf dem Landweg weiterverkauft, etwa in den Hunsrück. Glas und Eisenwaren wurden auch nach Frankfurt/Main, Regensburg und Nürnberg transportiert.

Die wachsende Bedeutung der Kaufmannschaft war eng verbunden mit den Familien Schmidtborn, Korn, Karcher und Röchling. Sie spiegelte sich auch in der Gründung der Kranen-Compagnie im Jahr 1760 wider, der ersten Interessenvertretung der Kaufmannschaft gegenüber dem Fürsten. Sie errichtete einen Kran zum Be- und Entladen der Schiffe. Es entwickelte sich ein Fernhandel bis nach Genua. Im Zusammenhang mit dem Aufstieg des Bürgertuns entstand 1796 die Casino-Gesellschaft.        

An dem Geschäft mit Eisenwaren konnten die Saarbrücker und St. Johanner Bürger selbst nicht wesentlich partizipieren. Schmelzen und Hammerwerke betrieb der Landesherr Fürst Wilhelm Heinrich selbst. Er hatte die Kohlegruben verstaatlicht, Hammer- und Eisenwerke (1756 Gründung der Halberger Hütte, 1768 ein Drahtzugbetrieb, 1776 ein Sensenwerk am Deutschmühlenweiher) errichtet sowie den Holzreichtum des Landes zur Gründung von Glashütten genutzt.

Am Ausgang des Fischbachtals war bereits 1720 eine mit einer Kohlengrube verbundene Glashütte entstanden, die 1757 durch eine Rußhütte ersetzt wurde. Mit der Führung der Betriebe beauftragte der Landesherr Pächter, darunter auch Juden. Die Zeit von Wilhelm Heinrich und seines Sohnes Fürst Ludwig hatten Saarbrücken und St. Johann einen enormen Konjunkturaufschwung beschert, die Bevölkerungszahl verdoppelte sich von ca. 1.400 im Jahr 1741 auf  ca. 3.000 im Jahr 1790. In St. Johann wuchs die Bevölkerungszahl im gleichen Zeitraum von 900 auf 1.800. Im Jahr 1778 zählte Saarbrücken 2.958 und St. Johann 1.537 Einwohner.

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