Die Bettwurst
Regie: Rosa von Praunheim Deutschland 1971 | 81 Min. | deutsch
Luzi (Luzi Kryn) und Dietmar (Dietmar Kracht) lernen sich in der Hafenstadt Kiel kennen und lieben. Sie ist eine ältere, kleinbürgerliche Sekretärin, er ein junger Hilfsarbeiter aus Berlin. Beide spielen alle gutbürgerlichen Rituale durch, die sie durch Erziehung und Medien erlernt haben: Sie gehen zusammen in ein Ausflugslokal zum Tanz, sie zeigt ihm ihren Kleingarten und ihr Fotoalbum. Nach einer Liebesnacht hilft er ihr beim Staubsaugen. Sie feiern gemeinsam Weihnachten. Doch plötzlich tauchen alte kriminelle Freunde von Dietmar auf und entführen Luzi, um Dietmar zu zwingen, wieder mit ihnen gemeinsame Sache zu machen...
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Regiekommentar
Das ZDF – Kleine Fernsehspiel war damals gerade in seinen Anfängen und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, neue Talente zu fördern. Natürlich gab es lächerlich wenig Geld. Für 50.000 Mark verlor ich sämtliche Fernsehrechte, erhielt dafür aber die Kinorechte nach der Fernsehausstrahlung. Damals war man froh, daß man überhaupt arbeiten durfte.
Ich wollte so wenig wie möglich erfinden und Luzi und Dietmar so lebensecht wie möglich auf die Leinwand bringen. Sie sollten die ungewöhnlichsten Menschen werden, die je im deutschen TV aufgetreten sind. Den sanften, seltsamen Dietmar, der in Berlin auf den Strich ging, hatte ich nach Kiel kommen lassen und für den Film neu eingekleidet. Er hatte sich verrückte und tuntige Sachen ausgesucht, schaffte es aber trotzdem nicht, Luzi in ihrer schrillen Garderobe zu übertrumpfen. Luzi, die bedeutend älter war als Dietmar, akzeptierte ihn gleich. Zwei ungewöhnliche Menschen, zwei Außenseiter, von vielen verlacht und gemieden, gingen herzlich aufeinander zu und arbeiteten kollegial und diszipliniert zusammen. (zitiert aus: „50 Jahre pervers. Die sentimentalen Memoiren des Rosa von Praunheim“, Kiepenheuer & Witsch, 1993)
Regie-Biographie
Rosa von Praunheim
Geboren 1942 in Riga, Lettland, als Holger Mischwitzky. Er wuchs in Frankfurt am Main auf und lebt seit Mitte der 1960er Jahre in Berlin. Mit Kultfilmen wie NICHT DER HOMOSEXUELLE IST PERVERS, SONDERN DIE SITUATION IN DER ER LEBT (1967) und DIE BETTWURST (1970) gilt er als Wegbereiter der politischen Schwulen- und Lesbenbewegung in Deutschland. In über 50 Jahren drehte er über 150 Filme und wurde für sein Werk vielfach ausgezeichnet.