MEIN BRUDER KANN TANZEN
Regie: Felicitas Sonvilla
Österreich, Deutschland 2019 | 61 Min. | Uraufführung
Regisseurin Felicitas Sonvilla versucht, die angeschlagene Beziehung zu ihrem jüngeren Bruder Silvius zu retten. Gemeinsam mit ihrer guten Freundin und Kamerafrau Nina begeben sie sich zu dritt auf eine Reise quer durch Europa an die Orte ihrer fragmentierten Kindheiten. Felicitas verfolgt eine heimliche Agenda mit den Dreharbeiten: In ihrem Selbstverständnis als Filmemacherin soll Silvius verstehen, wer in ihrer Künstlerpartnerschaft die Regie führt. Denn Silvius ist ein hochbegabter Musiker – und ohne sein Sounddesign und seine Musik sind Felicitas‘ Filme aufgeschmissen. Doch Silvius hat ganz eigene Vorstellungen davon, was das für ein Film werden soll. Zwischen Reisepannen, Prügeleien im Park und Momenten gemeinsamer Erinnerung entfaltet sich ein Roadmovie über die Beziehungen zweier Geschwister, über das Filmemachen an sich und über die Erkenntnis, dass beide einander brauchen, auch wenn sie es nicht wahrhaben wollen.
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Regiekommentar
Mein Bruder kann tanzen. Bekommt er eine Bühne, blüht er auf. Was er nicht so gut kann: Nähe zulassen zu mir, seiner sechs Jahre älteren Schwester. Ich überrede ihn, einen Film mit mir zu drehen. Ich glaube, dass die gemeinsame künstlerische Arbeit uns endlich wieder näher bringen kann. Aber wir Geschwister können nicht anders: Sofort geraten wir in Konkurrenz, um die Anerkennung der Eltern, um Erfolg, um die richtige Lebensführung. Ich stehe vor einer doppelten Herausforderung. Ich will meinem Bruder näher kommen, aber ich möchte auch einen guten Film drehen. Erst einmal gewinnt die Filmemacherin in mir die Überhand. Ich will Silvius durch dramatische Situationen kontrollieren und manipulieren. Aber mein Bruder versucht, mich mit allen Mitteln zu unterwandern. Ihm ist es egal, seine Souveränität zu verlieren, denn er ist nicht greifbar, liebt es, in verschiedene Rollen zu schlüpfen. Langsam ahne ich: Ich muss die Kontrolle und den Einfluss auf das Geschehen abgeben und auch zu einer Figur werden, damit der Film gelingen kann. (Felicitas Sonvilla)
Regie-Biographie
Felicitas Sonvilla
Biografie
Geboren 1988 in Korneuburg, Österreich. Sie verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Wien, Brüssel, Helsinki, Paris und Montpellier. Von 2007 bis 2010 Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität
Wien. Von 2010 bis 2018 studierte sie Dokumentarfilmregie an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Ihre Dokumentarfilme liefen auf internationalen Festivals und gewannen zahlreiche Auszeichnungen. Ihr erster fiktionaler Kurzfilm TARA hatte 2017 auf der Berlinale in der Sektion Perspektive Deutsches Kino Premiere und war für den Preis der deutschen Filmkritik 2017 nominiert.
Filmografie
2012 NACHT GRENZE MORGEN (MF, Dok.)
2014 HINTERWELTEN (MF, Dok.)
2017 TARA (MF)
2019 MEIN BRUDER KANN TANZEN (Dok.)