ROTE ERDE WEISSER SCHNEE
Regie: Christine Moderbacher
Österreich 2018 | 71 Min. | Dt., Engl. mit dt. UT | dt. Erstaufführung
Der Traktor, Sinnbild des technischen Fortschritts und zugleich Bindeglied der langjährigen Österreich-Nigeria Patenschaft, will nicht in Gang kommen. Die Ernte ist in Gefahr. Also macht sich eine österreichische Abordnung auf den Weg zum Heimatort des katholischen Pfarrers Sabinus im ehemaligen Biafra. Darunter ist auch der Vater der Regisseurin, der durch die Bilder von hungernden Kindern während des Biafra-Krieges Ende der 1960er Jahre an seiner christlichen Ehre gepackt wurde und seither Hilfe leistet. Während der Vater mit seinen Kollegen von der Kirchengemeinde den defekten Traktor auseinandernimmt und gutgemeinte Goodies an die örtliche Jugend verteilt, erkundet die Tochter mit ihrer Kamera das Gelände. Ethnografische Beobachtungen mischen sich mit persönlichen Erinnerungsbildern. Immer deutlicher tritt ein Geflecht von Abhängigkeiten hervor – und eine Tochter-Vater-Beziehung, die zwischen Sprachlosigkeit, Distanz und Hingezogenheit schwankt.
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Regiekommentar
Ausgangspunkt für ROTE ERDE WEISSER SCHNEE war ein Verständnis- und Verständigungsproblem zwischen zwei Generationen, die gemeinsam in ein Land reisen, das seit fast 50 Jahren an den Nachwirkungen eines postkolonialen Krieges leidet. Auf einer Ebene ist die oft sprachlose Interaktion zwischen Vater und Tochter verortet, eine zweite Ebene des Filmes versucht von gutgemeinter Entwicklungshilfe, von Spenden, von Patenkindern, von einem humanitären Wettbewerb zu erzählen. Das Private und das Politische zusammengefasst in einem aus subjektiver Sicht mitgeteilten Film, der weder Reportage noch private Nabelschau sein will, sondern vielmehr ein Film über Erwartungshaltungen und Anpassungsschwierigkeiten – die im fremden Land und die in der eigenen Familie. Ich filme zumeist selbst, arbeite allein oder mit kleinem Team. Die unmittelbare Handkamera verfolgt dabei das Gewöhnliche in der ungewöhnlichen Situation und minimiert dabei nicht die karitativen Bemühungen, sondern unterstreicht die wachsende Emotionalität der erlebten Erfahrungen. (Christine Moderbacher)
Regie-Biographie
Christine Moderbacher
Biografie
Geboren in Österreich. Master in Visueller Anthropologie und Dokumentarfilm an der University of Manchester.
Sie arbeitet als Dokumentarfilmemacherin, Journalistin und unterrichtet bei Video-Workshops in Österreich, England und Belgien.
Filmografie
2013 LETTRE À MOHAMED (MF)
2018 ROTE ERDE WEISSER SCHNEE (Dok.)