HAUS KUMMERVELDT ODER WIE DIE ADLIGE LUISE HYSTERIE HEILTE, INDEM SIE SOLANGE SCHRIE, BIS IHR KORSETT VON DER TAILLE IN DES VATERLANDS FRESSE PLATZTE
Regie: Mark Lorei | Deutschland 2020/2023 | 6 x 25 Min. | FSK ab 12
Luise von Kummerveldt ist Schriftstellerin und will weltberühmt werden. Doch das Deutsche Kaiserreich sieht keinen Erfolg für Frauen vor, und der weibliche Handlungsspielraum in dieser patriarchalen Gesellschaft ist enger geschnürt als das Korsett, das Luise tragen muss. Resignation? Suizid? Rebellion? Luise entscheidet sich für Letzteres.
Ende des 19. Jahrhunderts im Deutschen Kaiserreich. Luise von Kummerveldt (Milena Straube) und ihr Vater (Michael Goldberg), ein Baron, leben zusammen mit Hausdame und Diener auf einem Wasserschloss im Münsterland. Luises Leidenschaft ist die Literatur, sie will als berühmte Schriftstellerin in die Geschichte eingehen.
Gerade als sie ihr Manuskript an einen Verlag schicken will, stirbt ihr Vater, woraufhin Luises jüngerer Bruder Veit (Marcel Becker-Neu) ihr Vormund wird. Um seine Macht gegenüber seiner eigenwilligen Schwester zu demonstrieren, will er sie nötigen, den einfältigen Grafen von Mogge (Manuel Talarico) zu heiraten und die Schriftstellerei aufzugeben. Daraufhin stürzt Luise sich durch ein Fenster in den Burggraben. Nach diesem Vorfall behandelt der junge Arzt Dr. Büchner (Wolf Danny Homann) Luise. Er verliebt sich augenblicklich in die junge Frau. Indes eskaliert der Streit zwischen Luise und Veit – eine Katastrophe bahnt sich an.
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Regiekommentar
Macher:innenkommentar:
Das Deutsche Kaiserreich am Ende des 19. Jahrhunderts war eine Gesellschaft, die in ihren Schichten wenig durchlässig war, mit einer weiten Schere zwischen Arm und Reich. Was alle gesellschaftlichen Schichten und politischen Lager vereinte, war das Patriarchat. Gegenüber dieser misogynen Gesellschaft formierte sich die erste Frauenbewegung, die sich harschen Schikanen und purem Hass gegenübergestellt sah. Die Mehrheit der Deutschen war nicht bereit, gesellschaftlich etwas Neues zu wagen. Parallel zu diesem gesellschaftlichen Stillstand gab es paradoxerweise eine große Begeisterung für den technischen Fortschritt. Die Parallelen zu heute sind kaum zu übersehen, ebenso lassen sich Bezüge zwischen sexistischen und rassistischen Mustern der damaligen und der heutigen Gesellschaft herstellen. Daher ist es nicht nur interessant, sondern vielleicht sogar notwendig, sich mit dieser Zeit auseinanderzusetzen und einen Bogen von unserer Jetztzeit in die Vergangenheit und zurück zu spannen. (Charlotte Krafft, Mark Lorei & Lotte Ruf)
Regie-Biographie
Mark Lorei
Er studierte Geschichte an der Universität Münster mit dem Schwerpunkt Visual History und arbeitet als Regisseur, Producer und Autor. Sein in Zusammenarbeit mit Lotte Ruf und
Charlotte Krafft entstandener Kurzfilm DIE SPÖKENKIEKERIN UND DAS FRÄULEIN feierte 2023 Premiere auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis und gewann im Rahmen des Blaue Blume Awards 2023 drei Auszeichnungen (Bestes Schauspiel, Beste Regie und Bester Film).
Lotte Ruf (Produzentin)
Sie studiert Film- und Fernsehproduktion im Master an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf und gründete mit Mark Lorei zusammen die Goldstoff Filme GmbH, wo sie als Produzentin und Geschäftsführerin tätig ist. 2020 wurde sie für die Pilot-Episoden von HAUS KUMMERVELDT mit dem First Steps Award ausgezeichnet.
Charlotte Krafft (Autorin)
Sie studierte Deutsche Literatur an der Humboldt-Universität und Literarisches Schreiben am Literaturinstitut Leipzig und ist Gründungsmitglied des Literaturkollektivs Rich Kids Of Literature und Erfinderin der Hyperironie. Ihr Debütroman „Marlow im Sand“ erschien im September 2022.