TRANSIT
Regie: Christian Petzold | Deutschland, Frankreich 2018 | 102 Min. | FSK ab 12 | Dt., Franz. mit dt. UT
Die deutschen Truppen stehen vor Paris. Georg (Franz Rogowski), ein deutscher Flüchtling, entkommt im letzten Moment nach Marseille. Im Gepäck hat er die Hinterlassenschaft des Schriftstellers Weidel, der sich aus Angst vor seinen Verfolgern das Leben genommen hat: Ein Manuskript, Briefe, die Zusicherung eines Visums durch die mexikanische Botschaft.
In Marseille darf nur bleiben, wer beweisen kann, dass er gehen wird. Visa für die möglichen Aufnahmeländer werden gebraucht, Transitvisa, die raren Tickets für die Schiffspassage. Kurzerhand nimmt Georg Weidels Identität an und taucht ein in die ungefähre Existenz des Transits. Doch alles verändert sich, als Georg die geheimnisvolle Marie (Paula Beer) trifft und sich in sie verliebt. Ist es Hingabe oder Berechnung, die sie ihr Leben vor der Weiterreise mit dem Arzt Richard (Godehard Giese) teilen lässt, während sie gleichzeitig auf der Suche nach ihrem Mann ist? Der, so erzählt man, sei in Marseille aufgetaucht, in Besitz eines mexikanischen Visums für sich und seine Frau…
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Regiekommentar
Es gibt einen schönen Satz in der Autobiographie von Georg K. Glaser: „Plötzlich, am Ende meiner Flucht, war ich umgeben von etwas, was ich Geschichtsstille nannte.“ Geschichtsstille, das ist wie Windstille – das Schiff empfängt keine Brise mehr, es ist umgeben von der Weite und dem Nichts des Meeres. Die Passagiere sind herausgefallen, aus der Geschichte, aus dem Leben. Sie hängen fest, im Raum, in der Zeit.
Die Menschen in TRANSIT hängen fest in Marseille, sie warten auf Schiffe, Visa, Transits. Sie sind auf der Flucht. Es wird für sie kein Zurück mehr geben. Und kein Vorwärts. Niemand will sie aufnehmen, niemand will sich kümmern um sie, niemand nimmt sie wahr – nur die Polizisten, die Kollaborateure und die Überwachungskameras. Sie sind im Begriff, Gespenster zu werden, zwischen Leben und Tod, zwischen dem Gestern und dem Heute.
Das Kino liebt die Gespenster, vielleicht, weil es auch ein Transitraum, ein Zwischenreich ist. Wir, die Zuschauer, sind anwesend und abwesend zugleich. Die Menschen in TRANSIT wollen zurück in den Strom, in die Brise, in die Bewegung. Sie wollen eine Geschichte haben.
Regie-Biographie
Christian Petzold
Geboren 1960 in Hilden. Er studierte Regie an der Deutschen Film und Fernsehakademie Berlin. Sein Abschlussfilm PILOTINNEN (1995) sowie CUBA LIBRE (1996) und DIE BEISCHLAFDIEBIN (1998) feierten ihre Uraufführung auf dem Filmfestival Max Ophüls. Zu seinen vielfach preisgekrönten Filmen zählen u.a. DIE INNERE SICHERHEIT (2001), YELLA (2007), BARBARA (2012) , TRANSIT (2018), UNDINE (2020) und ROTER HIMMEL (2023). Neben seinen Kinofilmen drehte er auch mehrere Fernsehproduktionen, darunter für die Krimireihe Polizeiruf 110.