PHOENIX
Regie: Christian Petzold | Deutschland 2014 | 98 Min. | FSK ab 12
Juni 1945. Schwer verletzt, mit zerstörtem Gesicht wird die Auschwitz-Überlebende Nelly (Nina Hoss) von Lene (Nina Kunzendorf), Mitarbeiterin der Jewish Agency und Freundin aus Vorkriegstagen, in die alte Heimat Berlin gebracht. Kaum genesen von der Gesichtsoperation, macht sich Nelly, den Warnungen Lenes zum Trotz, auf die Suche nach Johnny (Ronald Zehrfeld), ihrer großen Liebe – ihrem Mann, der sie durch sein Festhalten an ihrer Ehe so lange vor der Verfolgung schützen konnte. Doch Johnny ist fest davon überzeugt, dass seine Frau tot ist.
Als Nelly ihn endlich aufspürt, erkennt er nicht mehr als eine beunruhigende Ähnlichkeit. Johnny schlägt ihr vor, in die Rolle seiner tot geglaubten Frau zu schlüpfen, um sich das Erbe der im Holocaust ermordeten Familie Nellys zu sichern. Nelly lässt sich darauf ein. Sie wird ihre eigene Doppelgängerin. Sie möchte wissen, ob Johnny sie geliebt hat. Ob er sie verraten hat. Nelly will ihr Leben zurück.
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Regiekommentar
Ein Text, der uns in der Vorbereitung sehr beeindruckt hat, war „Ein Liebesversuch“ von Alexander Kluge. Die Geschichte spielt in Auschwitz, die Nazis schauen durch Beobachtungsschlitze einem Paar in einem geschlossenen Raum zu, das sich einmal leidenschaftlich geliebt hat. Die Naziärzte versuchen diese Liebe wieder zu erwecken. Das Paar soll miteinander schlafen. Es soll verifiziert werden, ob die Sterilisation der Frau erfolgreich war. Man versucht alles: Champagner, rotes Licht, das Abspritzen mit eiskaltem Wasser, so dass vielleicht das Wärmebedürfnis die beiden wieder zusammenführt. Aber es passiert nichts. Die beiden schauen sich nicht mehr an. Auf eine merkwürdige Weise gewinnt die Liebe durch das Scheitern der Nazi-Ärzte: Als eine, die einmal war und die von den Verbrechern nicht mehr geweckt werden kann.
Ich glaube, das ist der wichtigste Text für uns gewesen. Ist es möglich, über den tiefen, nihilistischen Riss, den die Nationalsozialisten in Deutschland vollzogen haben, zurückzuspringen und die Gefühle, die Liebe, die Barmherzigkeit, das Mitleid, überhaupt das Leben zu rekonstruieren?
Regie-Biographie
![Porträt von Christian Petzold, Tribute des 46. Filmfestival Max Ophüls Preis Porträt von Christian Petzold, Tribute des 46. Filmfestival Max Ophüls Preis](https://ffmop.de/cache/media/attachments/2024/12/116010_x320_y506_b51fc2_12.jpg)
Christian Petzold
Christian Petzold
Geboren 1960 in Hilden. Er studierte Regie an der Deutschen Film und Fernsehakademie Berlin. Sein Abschlussfilm PILOTINNEN (1995) sowie CUBA LIBRE (1996) und DIE BEISCHLAFDIEBIN (1998) feierten ihre Uraufführung auf dem Filmfestival Max Ophüls. Zu seinen vielfach preisgekrönten Filmen zählen u.a. DIE INNERE SICHERHEIT (2001), YELLA (2007), BARBARA (2012) , TRANSIT (2018), UNDINE (2020) und ROTER HIMMEL (2023). Neben seinen Kinofilmen drehte er auch mehrere Fernsehproduktionen, darunter für die Krimireihe Polizeiruf 110.