Die Wettbewerbsfilme Dokumentarfilm des 35. Filmfestival Max Ophüls Preis
Zum sechsten Mal widmet das Filmfestival Max Ophüls dem Dokumentarfilm eine eigene Wettbewerbskategorie. Die präsentierten Produktionen greifen gesellschaftlich relevante Themen auf und erzählen sie in Geschichten, die informativ sind und zugleich berühren.
Ob es verblüffende Innenansichten eines Bestattungsunternehmens oder eines Rockerclubs sind, Erzählungen über Leihmütter in Indien, die keine Muttergefühle zulassen dürfen, oder Kinder in Palästina, die zum ersten Mal das Meer sehen –die Filme der Nachwuchstalente überzeugen durch ihren frischen, unverbrauchten Blick und ihre starken Protagonisten.Für den Dokumentarfilm Wettbewerb wurden ca. 170 Filme eingereicht, wovon dreizehn für den Wettbewerb ausgewählt wurden. Davon sind vier Uraufführungen und fünf deutsche Erstaufführungen. Mit dabei sind sieben Filme aus Deutschland, sowie fünf österreichische und schweizer (Ko-)Produktionen. Der Preisträger wird von einer dreiköpfigen Jury ausgewählt. Der Dokumentarfilmpreis ist mit 7.500 Euro dotiert und wird von der Saarland Medien GmbH gestiftet. Daneben wird der mit 4.000 Euro dotierte Förderpreis der DEFA-Stiftung vergeben.
Die Dokumentarfilme, die im Wettbewerb stehen sind:
DAS ERSTE MEER
Regie: Clara Trischler
Produktion: Kinomaton Berlin
Verleih: Filmdelights (A)
Deutschland, Österreich 2013 | DCP | Farbe | 60 Min. | engl., franz., hebr., arab. mit UT| dt. Erstaufführung
Die beiden Mädchen Wafaa und Raneen aus dem Westjordanland sind zu einem Strandausflug nach Israel eingeladen. Obwohl es nur wenige Kilometer von ihren Dörfern entfernt ist, haben sie das Meer noch nie gesehen. Eine israelische Friedensorganisation bringt palästinensische Kinder und Frauen an den Strand, wohin sie sonst wegen der geschlossenen Grenze nicht gelangen könnten. Wafaa ist aufgeregt und packt ihre Schwimmsachen, doch für Raneen und ihre Eltern ist es unvorstellbar, dass sie an diesem Ausflug ins Land der „Anderen“ teilnimmt.
DAS LEBEN NACH DEM TOD AM MEER
Regie/Produktion: Martin Rieck
Deutschland 2013 | Blu-Ray | Farbe | 95 Min.
Anna und Philipp sind dreißig und übernehmen ein Bestattungshaus in Husum. Dafür sind sie aus Hamburg in das beschauliche Küstenstädtchen gezogen. Er ist gelernter Bestatter, sie hat vorher noch nie einen Leichnam gesehen. Der Film begleitet die beiden über Monate bei ihrem täglichen Geschäft mit dem Tod und bei ihrem täglichen Überlebenskampf. Denn sie müssen sich erst als die Neuen auf einem alten Markt etablieren. Ein Film über die Frage: Wie viele Tote braucht ein Bestatter? Aber auch: Wie viel Tod und Totenstille hält eine Beziehung aus?
DECKNAME PIRAT
Regie: Eric Asch
Produktion: Imbissfilm
Koproduktion: zischlermann filmproduktion
Deutschland 2013 | DCP | Farbe | 100 Min. | dt., engl. mit UT | Uraufführung
„War mein Vater ein Spion?“ Diese Frage bildet den Ausgangspunkt einer persönlichen Reise eines Sohnes in die Vergangenheit seines Vaters. Es ist die Lebensgeschichte von Robert Asch, die bis heute rätselhaft bleibt. In den 50er Jahren war Robert Asch an einer verdeckten Spionage-Aktion des US-Militärgeheimdienstes ASA beteiligt. In der DDR wurde er von der Stasi belauscht und beschattet. Seine Stasi-Akte bezeichnete ihn als Agenten eines imperialistischen Geheimdienstes. Sein Deckname war: "Pirat". Doch wer hat wen belauscht oder beschattet? Wer war Robert Asch?
DER GRÜNE STERN
Regie: Aline Fischer
Produktion, Weltvertrieb, Verleih: HFF Konrad Wolf
Deutschland 2014 I DCP | Farbe | 50 Min. | dt., franz. mit dt. u. engl. UT | Uraufführung
Vor 13 Jahren wurde Michael in Peru ermordet. Er war die erste große Liebe der Regisseurin. Michael war 20 Jahre alt, als er mit einem Freund in den Dschungel ging, um die Indios kennenzulernen –und nie wieder zurückkehrte. Eine Stunde Fußmarsch von einem kleinen Dorf wurde er gefunden. Der Film unternimmt eine imaginäre Reise von Michaels bayerischer Heimat bis in den Urwald. Anhand von Berichten peruanischer Zeugen versucht die Regisseurin, die Täter aufspüren und den Ort zu finden, an dem die Hinrichtung geschah. Ein dokumentarischer Thriller.
EARTH’S GOLDEN PLAYGROUND
Regie/Produktion: Andreas Horvath
Weltvertrieb, Verleih: sixpackfilm (A)
Österreich, Kanada 2013 I DCP | Farbe | 106 Min. | engl. mit UT | dt. Erstaufführung
Seit dem Goldrausch Ende des 19. Jahrhunderts ist das Yukon-Territorium im Nordwesten Kanadas das sagenumwobene Land der Verheißung geblieben. In den USA fiel der Goldrausch in die Zeit der Wirtschaftskrise, zahllose Menschen suchten ihr Glück am Klondike. Und heute ist dies, erneut der Fall: Der Film zeigt, wie neben den finanzkräftigen Gesellschaften zähe Bergmänner mit Kleinunternehmern konkurrieren. Sie alle sind besessen von der Suche nach der sagenhaften Mutterader und glauben unerschütterlich an einen verborgenen Goldschatz.
HELLS ANGEL –UNTER BRÜDERN (AT)
Regie: Marcel Wehn
Produktion: Indi Film
Verleih: farbfilm Verleih
Deutschland 2013 I DCP | Farbe | 90 Min. | Uraufführung
Lutz Schelhorn lehnte sich schon in den 70ern gegen die schwäbische Bürgerlichkeit auf und wurde später Hells Angel. Für Lutz standen Motorradfahren, Brüderlichkeit und die „Suche nach Freiheit“ im Mittelpunkt. 30 Jahre später bringen die Medien die Angels meist mit Waffen, Drogen und Menschenhandel in Verbindung. Lutz will gegen dieses Bild angehen –mit einem großen Fotoband, der den Menschen hinter den Angels-Kutten wieder ein Gesicht geben soll. Der Film begleitet Lutz auf dieser Fotoreise und öffnet damit Türen zu der sonst verschlossenen Welt der Angels.
JOURNEY TO JAH
Regie: Noël Dernesch, Moritz Springer
Produktion: Port au Prince Film & Kultur Produktion
Koproduktion: PiXiU Films
Verleih: Zorro FilmDeutschland, Schweiz 2013 | DCP | Farbe | 92 Min. | engl., Patois, dt., mit UT | dt. Erstaufführung
Vor Jahren kehrten sie Europa den Rücken und brachen nach Jamaica auf: der Kölner Gentleman und der Sizilianer Alborosie, zwei der bekanntesten europäischen Reggae-Musiker. Sie sind auf der Suche nach einer neuen spirituellen Heimat und frischer Inspiration für ihre Musik. Der Film begleitet die beiden Künstler sieben Jahre lang auf einer Reise zu den Wurzeln der Rastafari-Kultur. Es ist das Porträt zweier Künstler, die den Reggae lieben und leben, mit einen ungefilterten Blick auf ein Jamaika fernab der Touristenidylle.
KALYUG
Regie: Juri Mazumdar
Produktion, Verleih: ZeLIG Schule für Dokumentarfilm, Fernsehen und neue Medien
Italien, Indien 2013 | DCP | Farbe | 74 Min. | Hindi, Bhili mit UT
Einst waren die Bhil, ein indigenes Volk in Zentralindien, Jäger. Doch was die Mogul-Kaiser vom Wald übrig ließen, rodeten die Engländer in der Kolonialzeit restlos ab und hinterließen den Bhil eine Wüstenlandschaft. Die Moderne brach mit Prostitution, Wanderarbeit, Menschenhandel, Alkoholismus und Hunger über die Dörfer der Ureinwohner herein. Und mit ihr kam AIDS. Entlang der mythischen Erzählungen eines Dorfältesten fährt der Film durch das grausam schöne Land der Bhil. Eine Reise an der Frontlinie zwischen Geistern und Krankheiten.
MA NA SAPNA –A MOTHER’S DREAM
Regie: Valerie Gudenus
Produktion: Zürcher Hochschule der KünsteSchweiz 2013 | DCP | Farbe | 86 Min. | Hindi, Gujarati mit UT | dt. Erstaufführung
Im Nordwesten Indiens steht die größte Leihmutterschaftsklinik der Welt. Hier leben rund 70 Frauen während ihrer Schwangerschaft zusammen in einem Haus. Der Film verfolgt sechs von ihnen durch die unterschiedlichen Phasen ihrer Schwangerschaft. Es sind Geschichten vom Verlassen des eigenen Kindes, um ein fremdes in sich heranwachsen zu lassen. Von Anfeindungen in der Gemeinschaft zuhause, weil Leihmutterschaft gesellschaftlich verpönt ist. Geschichten von Müttern, die vom Ende ihrer materiellen Not träumen –und keine Muttergefühle zulassen dürfen.
NEULANDRegie: Anna Thommen
Produktion: FAMA FILM AG
Koproduktion: SRF, Zürcher Hochschule der Künste
Schweiz 2013 | Dokumentarfilm | DCP | Farbe | 92 Min. |dt.,Schweizerdt.,alban.,Farsimit UT| dt. Erstaufführung Afghanistan, Kamerun, Serbien, Venezuela
Die Schüler einer Integrationsklasse in Basel haben einen weiten Weg hinter sich. Zwei Jahre bleiben ihnen nun, die Sprache und Kultur der Schweiz kennenzulernen. Ihre Hoffnungen ruhen dabei auf Herrn Zingg, ihrem ebenso engagierten wie herzlichen Lehrer. Er soll den traumatisierten Jugendlichen einen beruflichen Einstieg in die Gesellschaft ermöglichen. Doch je näher das Schulende rückt, desto quälender stellt sich für die jungen Migranten die Frage: Gibt es überhaupt einen Platz für mich in diesem Land?
THE TEACHER’S COUNTRY
Regie/Produktion: Benjamin Leers
Darsteller: Madaraka Nyerere, Laurent Nestory, Bertha Bernard Goha u.a.
Deutschland 2013 | DCP | Farbe und s/w | 70 Min. | engl., Kisuaheli mit UT
Madaraka Nyerere ist der jüngste Sohn des Gründungspräsidenten von Tansania, der das Land vor 50 Jahren in die Unabhängigkeit geführt hat. Jedes Jahr steigt Nyerere für einen guten Zweck auf den Kilimandscharo. Der Film begleitet ihn bei der beschwerlichen, einwöchigen Besteigung und entwirft dazu in mehreren Einzelporträts von Bürgern des Landes ein differenziertes Bild Tansanias im Jubiläumsjahr. Die politische Klasse denke heute vor allem nur an sich, sagt Nyerere auf dem Weg nach oben. Aber er hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben.
WIE ICH LERNTE, DIE ZAHLEN ZU LIEBEN
Regie: Oliver Sechting, Max Taubert
Produktion: Rosa von Praunheim Filmproduktion
Deutschland 2013 | DCP | Farbe | 88 Min. | dt., engl. mit UT | Uraufführung
Eigentlich wollen Oliver und sein Regiekollege Max einen Film über die Künstlerszene in New York drehen. Doch der vierwöchige Trip wird mehr und mehr überschattet von Olivers Zwangserkrankung. Der 37-Jährige hat ein manisches Verhältnis zu Zahlen. Er nimmt sie immer und überall wahr. Sie bohren sich in seinen Kopf und gruppieren sich dort zu Kombinationen, negativen wie positiven. Die Begegnungen mit den Künstlern werden zu spontanen Therapiesitzungen –bis schließlich Andy Warhol-Superstar Ultra Violet Oliver tatsächlich eine neue Tür öffnen kann.
WO DER WIND SO KALT WEHT
Regie: Janina Jung
Produktion: Coin Film, KHM Köln
Deutschland 2013 I DCP | Farbe | 80 Min.
Emmerichenhain im Westerwald ist das Heimatdorf der Regisseurin. Über ein Jahr lang kehrte sie immer wieder dorthin zurück und begleitete und beobachtete die Dorfbewohner. Alte und Junge, Alteingesessene und Zugezogene, Deutsche und Migranten. Die Gespräche –zumeist am Küchentisch –kreisen um den Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft, das Geld, den Beruf, die Liebe, um Religion und Tradition. Ein Film sowohl über die Heimat als auch über Entfremdung –dort, "wo der Wind so kalt weht".