MIT EIGENEN AUGEN
Regie: Miguel Müller-Frank Deutschland 2020 | 110 Min. | Deutsch
Journalismus bedeutet, Entscheidungen zu treffen. Durch die digitale Revolution werden diese Entscheidungen zunehmend komplizierter. Die „Fake-News“-Debatte der letzten Jahre steht exemplarisch für eine Zeit, die auch als „postfaktisch“ deklariert wird. Falschmeldungen verbreiten sich in Windeseile in sozialen Netzwerken und prägen unsere Gesellschaft. Journalisten, die diesen Entwicklungen durch seriöse Berichterstattung entgegenwirken wollen, stehen vor großen Herausforderungen.
MIT EIGENEN AUGEN beobachtet die Redaktion des ARD-Politik-Magazins „Monitor“ bei der täglichen Arbeit und konzentriert sich dabei auf die Entstehung einer Sendung. Moderator und Redaktionsleiter Georg Restle und sein Team werden bei ihren Recherchen zum Thema Rechtsextremismus in Zusammenhang mit der Ermordung des Politikers Walter Lübcke begleitet, und erlauben so einen seltenen Einblick in ihre Arbeitsweisen.
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Regiekommentar
„Was wir über die Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien“, schrieb der Soziologe Niklas Luhmann. Doch wenn wir etwas über die Welt, in der wir leben, verstehen wollen, müssen wir nicht nur die Nachrichten verstehen, sondern auch diejenigen, die sie gestalten.
Journalismus bedeutet, Entscheidungen zu treffen. Die Art, wie Journalisten entscheiden, sagt etwas über ihre Persönlichkeit aus, über ihre Werte und Prägung, über die Gesellschaft, in der sie leben.
Im Jahr 2016 begann ich, über die Arbeit von Journalisten in Deutschland zu recherchieren. Ich beobachtete verschiedene Redaktionen in ihrem Alltag und wollte etwas über das Denken und Handeln der Journalisten erfahren. Schließlich konzentrierte ich meine Recherche auf die Arbeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – aus der Überzeugung heraus, dass dieser für unsere Demokratie und freie Gesellschaft elementar ist. Wir brauchen eine unabhängige Berichterstattung, die sich emanzipieren sollte von Marktlogik und Konformitätsdruck. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat eine enorme Verantwortung. Das bedeutet für mich auch, dass Außenstehende sich ernsthaft mit ihm auseinandersetzen sollten.
Nach vielen Vorgesprächen und teilnehmender Beobachtung in verschiedenen Redaktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, entschied ich, meinen Film auf die Arbeit der „Monitor“-Redaktion zu konzentrieren. Alle Redakteur·innen und Mitarbeiter·innen willigten ein, sich über zwei Monate täglich von meinem Team und mir bei der Arbeit mit der Kamera beobachten zu lassen. Ich finde den Mut der Redaktion, ein solches Projekt zuzulassen, bemerkenswert. Gerade in Zeiten von Social Media-Hysterie und übervorsichtigen Kommunikationsstrategien bedeutender Institutionen.
Natürlich kann auch unsere Beobachtung der Arbeit von Monitor für sich nicht in Anspruch nehmen, eine „objektive Wahrheit“ zu beschreiben. Es ist erst einmal lediglich und nichts Geringeres als unsere Perspektive, unser Blick.
Regie-Biographie
Miguel Müller-Frank
Geboren 1989 in Palma de Mallorca, aufgewachsen in Köln und Madrid. Nach dem Abitur 2009 realisierte er als Autodidakt mehrere abendfüllende TV-Dokumentarfilme. Von 2013 bis 2016 absolvierte er ein postgraduales Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln. 2017 wurde er mit dem Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für junge Künstlerinnen und Künstler ausgezeichnet.