Frau steht auf einem Feld und schaut sehnsüchtig in die Ferne

©Costa Compagnie

Frau steht auf einem Feld und schaut sehnsüchtig in die Ferne

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INDEPENDENCE

Regie: Felix Meyer-Christian | Deutschland 2023 | 93 Min. | FSK ab 12 | Dt., Engl., Port. mit dt. UT

Die afrodeutsche Schauspielerin Helen Wendt begibt sich auf eine Spurensuche entlang ihrer Familiengeschichte, ihrer Identität und ihrer persönlichen Unabhängigkeit zwischen der DDR, Mosambik und Berlin. Parallel folgt der Film Mitgliedern von Unabhängigkeitsbewegungen in Mosambik, Südsudan, Großbritannien, Katalonien und Bayern und fragt, was es für Menschen bedeutet, für ihre Freiheit zu kämpfen. Was bedeutet Unabhängigkeit wirklich und wie prägen Kolonialismus und Rassismus die Welt bis heute?
Während Helen Wendt durch Begegnungen mit ihrer Familie in Berlin und Maputo mehr über ihre Vergangenheit erfährt, dokumentiert die Kamera wütende Demonstrationen, porträtiert Politiker;innen, Freiheitskämpfer:innen und Geflüchtete, gleitet durch meditative Naturlandschaften und vereint die vielstimmigen Erzählungen bei Black-Lives-Matter-Protesten in Berlin.

  • Regiekommentar

    Als ich im September 2017 in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak über den Zusammenhang von Öl, Krieg und Klimawandel recherchierte und filmte, geriet ich mitten ins kurdische Unabhängigkeitsreferendum und den darauffolgenden Konflikt mit der Zentralregierung in Bagdad. Parallel dazu endete das ebenfalls verfassungswidrige Referendum in Katalonien mit gewaltsamen Protesten und Verhaftungen. Und auch die Brexit-Dynamik in Großbritannien war bereits in vollem Gange.
    Zurück in Deutschland beschloss ich, mich mit dem Streben nach Unabhängigkeit künstlerisch auseinanderzusetzen, schien doch Unabhängigkeit bzw. Selbstbestimmung nicht nur ein immer noch umkämpftes staatliches Prinzip, sondern spätestens seit der Zeit der Aufklärung in vielen Kontexten auch die Grundlage freiheitlichen und individuellen Denkens und Handelns. Wenn aber die Epoche der Aufklärung genannt wird, muss auch der parallel von Europäer:innen durchgeführte Transatlantische Sklavenhandel benannt werden. Daher erschien es unabdingbar, dass neben den innereuropäischen Bewegungen und ihren Prozessen von teils Ab- und Ausgrenzung auch die Perspektive der Befreiung von (post-)kolonialer Unterdrückung ein wesentlicher Aspekt sein musste.
    Gemeinsam mit meinem Team entwickelte ich das plattformübergreifende Projekt „FIGHT (FOR) INDEPENDENCE", bestehend aus dokumentarischem Theater, Tanz, Virtual Reality und Film. Das Projekt sollte in Zusammenarbeit mit dem Staatstheater Nürnberg, dem Oldenburgischen Staatstheater – an dem Helen Wendt Ensemble-Mitglied ist – dem Edith-Russ-Haus für Medienkunst und dem Ballhaus Ost Berlin durchgeführt werden und begann Ende 2018.
    Nach Recherchen und Dreharbeiten im Südsudan – dem damals jüngsten Staat der Weltgemeinschaft – Großbritannien, Bayern und Katalonien, folgten die Erarbeitung einer Theaterinszenierung und einer choreografischen Installation im Jahr 2019, wobei letztere auch im Film zu sehen ist. Anfang 2020 reisten wir mit Helen Wendt nach Mosambik. Wir beschlossen vorab gemeinsam, dass Helen über ihre bi-nationale Familienbiografie – eine direkte Folge der mosambikanischen Unabhängigkeit – auch vor der Kamera sprechen wird. In Maputo wurde es für Helen allerdings offensichtlich, dass die Auseinandersetzung mit Unabhängigkeit, Kolonialismus und Rassismus zu einer herausfordernden, persönlichen Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Identität führte. Schnell wurde deutlich, dass ihre Geschichte auch die Geschichte vieler rassistisch marginalisierter Mitglieder unserer Gesellschaft ist, insbesondere Afrodeutscher Menschen. So beschlossen Helen und ich, diesem Prozess Raum zu geben und ihre persönliche Suche in den Film zu integrieren. So verlagerte sich der Schwerpunkt von der reinen Betrachtung der politischen Unabhängigkeitsbewegungen hin zu einer hybriden Erzählstruktur. Im Frühjahr 2020 wurden die Arbeiten an den Bühnenproduktionen aufgrund der Pandemie abgebrochen und das Projekt ausschließlich als Dokumentarfilmproduktion weitergeführt.

Regie-Biographie

Felix Meyer-Christian

Felix Meyer-Christian - ©Volker Hartmann

Felix Meyer-Christian

Er ist Gründer der in Berlin ansässigen Künstler:innengruppe Costa Compagnie und arbeitet in den Bereichen dokumentarische Performance, Film, Tanz, Theater und bildende Kunst. Vor seinem Regieabschluss an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg erlangte er ein Diplom in Geographie, Völkerrecht und Umweltmanagement an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Filmografie

2023
INDEPENDENCE (Dok.)
Regie
Felix Meyer-Christian
Buch
Felix Meyer-Christian (Voice-Over-Texte: Helen Wendt)
Kamera
Philine von Dueszeln, Thomas Oswald
Montage
Stephanie Morin
Musik
Marcus Thomas
Ton
Martin Lutz
Produzent
Felix Meyer-Christian
Producerin
Franziska Merlo
Produktion
Costa Compagnie
Koproduktion
Staatstheater Nürnberg, Oldenburgisches Staatstheater, Edith-Russ-Haus für Medienkunst und Ballhaus Ost
Förderung
Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes
Website
https://www.costacompagnie.org/de/2020/01/16/2020-fight-for-independence-film/
Altersfreigabe
FSK ab 12